Das Kloster bei Sendomir | Page 5

Franz Grillparzer
nicht jung, war sie nicht sch?n? Hatte nicht, nach langen Unf?llen, jede Lust für sie den doppelten Reiz, als Lust und als neu? Der Graf gew?hrte und war glücklich. Nur eines fehlte, um ihn ganz selig zu machen: schon war ein volles Jahr seit seiner Verm?hlung verstrichen, und Elga gab noch keine Hoffnung Mutter zu werden.
Doch pl?tzlich ward der Rausch des Glücklichen auf eine noch weit empfindlichere Weise gest?rt. Starschenskys Hausverwalter, ein als redlich erprobter Mann, erschien, trübe Wolken auf der gefurchten Stirn. Man schlo? sich ein, man rechnete, man verglich, und es zeigte sich bald nur zu deutlich, da? durch das, was für Elgas Verwandte geschehen war, durch den schrankenlosen Aufwand der letzten Zeit, des Grafen Verm?gensstand erschüttert war und schleunige Vorsorge erheischte. Das Schlimmste zu dieser Verwirrung hatten Elgas Brüder getan. Wie denn überhaupt das Unglück nur Besserungsf?hige bessert, so war die alles verschlingende Genu?liebe des leichtfertigen Paares durch die lange Entbehrung nur noch gieriger geworden. Auf die Kasse des Grafen mit ihrem Unterhalte angewiesen, hatten sie den überschwenglichsten Gebrauch von dieser Zugestehung gemacht, und nachdem der in Seligkeit schwimmende Graf auf die ersten Anfragen seiner besorgten Gesch?ftsleute ungeduldig die Antwort erteilt hatte: man solle es nicht zu genau nehmen und seinen Schw?gern geben was sie bedurften, war bald des Forderns und Nehmens kein Ende.
Der Graf übersah mit einem Blicke das Bedenkliche seiner Lage und, ordnungsliebend wie er war, hatte für ihn ein rasches Umkehren von dem eingeschlagenen Taumelpfade nichts Be?ngstigendes. Nur der Gedanke an Elga machte ihm bange. Wird das heitere, in unbefangenem Frohsinn so gern hinschwebende Wesen--? Aber es mu?te sein, und der Graf tat, was er mu?te. Mit klopfendem Herzen trat er in Elgas Gemach. Aber wie angenehm ward er überrascht, als, da er kaum die Verh?ltnisse auseinandergesetzt und die Notwendigkeit geschildert hatte, die Stadt zu verlassen, um auf eigener Scholle den Leichtsinn der letztverflossenen Zeit wieder gut zu machen, als bei der ersten Andeutung schon Elga an seine Brust stürzte, und sich bereitwillig und erfreut erkl?rte. Was er wolle, was er gebiete, sie werde nur gehorsam sein! Dabei stürzten Tr?nen aus ihren Augen, und sie w?re zu seinen Fü?en gefallen, wenn er es nicht verhindert, sie nicht emporgehoben h?tte zu einer langen, Zeit und Au?enwelt aufhebenden Umarmung.
Alle Anstalten zur Abreise wurden gemacht. Starschensky, der, von Jugend auf an Einsamkeit gewohnt, alle Freuden des Hofes und der Stadt nur in der Freude, die seine Gattin daran zeigte, genossen hatte, segnete beinahe die Unf?lle, die ihn zwangen, in den Scho? seiner l?ndlichen Heimat zurückzukehren. Elga packte und sorgte, und in den ersten Nachmittagsstunden eines warmen Maientages war man mit Kisten und P?cken in dem altertümlichen Stammschlosse angekommen, das, neu eingerichtet, und aufs beste in Stand gesetzt, durch Nachtigallenschlag und Blütenduft wetteifernd ersetzte, was ein verw?hnter Geschmack in Vergleich mit den Pal?sten der St?dte, allenfalls h?tte vermissen k?nnen.
Bald nach der Ankunft schien sich zum Teile aufzukl?ren, warum Elgan die ?nderung der bisherigen Lebensweise so leicht geworden war. Sie stand in den ersten Monaten einer bis jetzt verheimlichten Schwangerschaft, und Starschensky, mit der Erfüllung aller seiner Wünsche überschüttet, kannte keine Grenzen seines Glücks.
Frühling und Sommer verstrichen unter l?ndlichen Erg?tzlichkeiten, ordnenden Einrichtungen und frohen Erwartungen. Als das Laub gefallen war und rauhe Stürme, die ersten Boten des Winters, an den Fenstern des Schlosses rüttelten, nahte Elgan die ersehnte und gefürchtete Stunde, sie gebar, und ein engelsch?nes, kleines M?dchen ward in die Arme des Grafen gelegt, der die Tochter mit segnenden Tr?nen benetzte. Leicht überstanden, wie die Geburt, waren die Folgen, und Elga blühte bald wieder einer Rose gleich.
Soviel günstige Vorf?lle wurden leider durch unangenehme Nachrichten aus der Hauptstadt unterbrochen. Der alte Starost, Elgas Vater, war gestorben, und hatte seine Umst?nde in der gr??ten Zerrüttung hinterlassen. Die beiden S?hne, in ihrer tollen Verschwendung nicht mehr von ihrem bed?chtlicher gewordenen Schwager unterstützt, h?uften Schulden auf Schulden, und ihre Gl?ubiger, die in der Hoffnung auf den Nachla? des alten Vaters zugewartet hatten, sahen sich zum Teile in ihrer Erwartung dadurch get?uscht, da? in dem Testamente des Starosten eine betr?chtliche Summe, in Folge einer früher geschehenen f?rmlichen Schenkung, an jenen armen Vetter Oginsky überging. Dieser Vetter war, wie bekannt, seit l?ngerer Zeit verschwunden. Er mu?te aber doch noch leben, und sein Aufenthalt nicht jedermann ein Geheimnis sein, denn die ihm bestimmte Summe ward gefordert, übernommen, und die Sache blieb abgetan.
Zu den Verschwendungen der beiden Laschek gesellten sich überdies noch Gerüchte, als ob sie neuerdings verbotene Anschl?ge hegten und Parteig?nger für landessch?dliche Neuerungen würben. Starschensky sah sich aufs überl?stigste von seinen Schw?gern und ihren Gl?ubigern bestürmt, er wies aber, nachdem er getan, was in seinen Kr?ften stand, alle weitere Anforderung standhaft von sich, und hatte das Vergnügen, Elgan in ihren Gesinnungen mit den seinigen ganz übereinstimmen zu sehen. Ja, als die Brüder, gleichsam zum letzten Versuch, sich auf dem Schlosse des Grafen einfanden, sahen
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