Das Kloster bei Sendomir | Page 2

Franz Grillparzer
Mittelgr??e, war doch ein eigener Ausdruck von Entschlossenheit und Kraft über sein ganzes Wesen verbreitet, so da?, die Kleidung abgerechnet, der Beschauer den Mann eher für alles, als für einen friedlichen Sohn der Kirche erkannt h?tte. Haar und Bart, vormals augenscheinlich rabenschwarz, nun aber überwiegend mit Grau gemischt und, trotz ihrer L?nge, stark gekr?uselt, dr?ngten sich in dichter Fülle um Stirne, Mund und Kinn. Das Auge, kl?sterlich gesenkt, hob sich nur selten; wenn es aber aufging, traf es wie ein Wetterschlag, so grauenhaft funkelten die schwarzen Sterne aus den aschfahlen Wangen, und man fühlte sich erleichtert, wenn die breiten Lider sie wieder bedeckten. So beschaffen und so angetan, trat der M?nch, ein Bündel Holz unter dem Arme, vor die Fremden hin, mit der Frage: ob sie Feuer bedürften?
Die beiden sahen sich an, erstaunt ob der seltsamen Erscheinung. Indessen kniete der M?nch am Kamine nieder und begann Feuer anzumachen, lie? sich auch durch die Bemerkung nicht st?ren, da? man gar nicht friere, und seine Mühe überflüssig sei. Die N?chte würden schon rauh, meinte er und fuhr in seiner Arbeit fort. Nachdem er sein Werk vollendet, und das Feuer lustig brannte, blieb er ein paar Augenblicke am Kamin stehen, die H?nde w?rmend, dann, ohne sich scheinbar um die Fremden zu bekümmern, schritt er schweigend der Türe zu.
Schon stand er an dieser und hatte die Klinke in der Hand, da sprach einer der Fremden: "Nun Ihr einmal hier seid, ehrwürdiger Vater"-"Bruder!" fiel der M?nch, wie unwillig, ein, und ohne sich umzusehen, blieb er, die Stirn gegen die Türe geneigt, am Eingange stehen.
"Nun denn also, ehrwürdiger Bruder!" fuhr der Fremde fort, "da Ihr schon einmal hier seid, so gebt uns Aufschlu? über einiges, das wir zu wissen den Wunsch hegen."
"Fragt!" sprach, sich umwendend, der M?nch.
"So wi?t denn", sagte der Fremde, "da? uns die herrliche Lage und Bauart Eures Klosters mit Bewunderung erfüllt hat, vor allem aber, da? es so neu ist und vor kurzem erst aufgeführt zu sein scheint."
Die dunkeln Augen des M?nches hoben sich bei dieser Rede und hafteten mit einer Art grimmigen Ausdruckes auf dem Sprechenden.
"Die Zeiten sind vorüber", fuhr dieser fort, wo die Errichtung solcher Werke der Fr?mmigkeit nichts Seltenes war. Wie lange steht das Kloster?"
"Wi?t Ihr es vielleicht schon?" fragte, zu Boden blickend, der M?nch, "oder wi?t Ihr es nicht?"
"Wenn das erstere, würde ich fragen?" entgegnete der Fremde.
"Es trifft sich zuweilen", murmelte jener. "Drei Jahre steht dies Kloster. Drei?ig Jahre!" fügte er verbessernd hinzu und sah nicht auf vom Boden.
"Wie aber hie? der Stifter?" fragte der Fremde weiter. "Welch gottgeliebter Mann?"--Da brach der M?nch in ein schmetterndes Hohngel?chter aus. Die Stuhllehne, auf die er sich gestützt hatte, brach krachend unter seinem Druck zusammen; eine H?lle schien in dem Blicke zu flammen, den er auf die Fremden richtete, und pl?tzlich gewendet, ging er schallenden Trittes zur Türe hinaus.
Noch hatten sich die beiden von ihrem Erstaunen nicht erholt, da ging die Türe von neuem auf, und derselbe M?nch trat ein. Als ob nichts vorgefallen w?re, schritt er auf den Kamin zu, lockerte mit dem St?reisen das Feuer auf, legte Holz zu, blies in die Flamme. Darauf sich umwendend, sagte er: "Ich bin der mindeste von den Dienern dieses Hauses. Die niedrigsten Dienste sind mir zugewiesen. Gegen Fremde mu? ich gef?llig sein, und antworten, wenn sie fragen. Ihr habt ja auch gefragt? Was war es nur?"
"Wir wollten über die Gründung dieses Klosters Auskunft einholen", sprach der ?ltere der beiden Deutschen, "aber Eure sonderbare Weigerung"-"Ja, ja!" sagte der M?nch, "Ihr seid Fremde, und kennet Ort und Leute noch nicht. Ich m?chte gar zu gerne Eure t?richte Neugierde unbefriedigt lassen, aber dann klagt Ihrs dem Abte, und der schilt mich wieder, wie damals, als ich dem Palatin von Plozk an die Kehle griff, weil er meiner V?ter Namen schimpfte. Kommt Ihr von Warschau?" fuhr er nach einer kleinen Weile fort.
"Wir gehen dahin", antwortete einer der Fremden.
"Das ist eine arge Stadt", sagte der M?nch, indem er sich setzte. "Aller Unfrieden geht von dort aus. Wenn der Stifter dieses Klosters nicht nach Warschau kam, so stiftete er überhaupt kein Kloster, es g?be keine M?nche hier, und ich w?re auch keiner. Da Ihr nicht von dorther kommt, m?gt Ihr rechtliche Leute sein, und, alles betrachtet, will ich Euch die Geschichte erz?hlen. Aber unterbrecht mich nicht und fragt nicht weiter, wenn ich aufh?re. Am Ende sprech ich selbst gerne wieder einmal davon. Wenn nur nicht so viel Nebel dazwischen l?ge, man sieht kaum das alte Stammschlo? durchschimmern--und der Mond scheint auch so trübe."--Die letzten Worte verloren sich in ein unverst?ndliches Gemurmel, und machten endlich einer tiefen Stille Platz, w?hrend welcher der M?nch, die H?nde in die weiten ?rmel gesteckt, das Haupt auf die Brust gesunken, unbeweglich da sa?. Schon glaubten die beiden, seine Zusage habe ihn gereut, und wollten kopfschüttelnd sich entfernen; da richtete er sich pl?tzlich mit einem
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