Weiteres.--Auch, wenn er euch seinen Besuch macht! Nicht wahr, Grete, das will er!?"
Grete nickte.
"Ja, er bat um die Erlaubnis, euch aufwarten zu dürfen. Er m?chte gern bei uns verkehren."
"Hast du Christine von Holm über ihn befragt?" schob die Frau ein.
Christine von Holm war die Tochter des Ehepaars, bei denen Margarete in einer Abendgesellschaft Baron von Klamm kennen gelernt hatte.
"Was sagt sie, was wei? sie von ihm?"
"Die wissen nichts. Sie haben ihn auf einem Ball beim Kommerzienrat Kügelchen kennen gelernt.
"Vielleicht vermag der N?heres zu sagen! Papa k?nnte sich ja dort nach ihm erkundigen.
"Ist er kein Gentleman, so brauchen wir ihn nicht einzuladen."
"Ich werde schon zutreffende Erkundigungen über ihn einziehen, Kinder. Vorderhand werde ich mir heute selbst ein Urteil zu bilden suchen. Also rege dich nicht vor der Zeit unn?tig auf, gute Frau Fanny."
Bei diesen Worten suchte Knoop das Auge seiner Gattin, und sie zog ein schelmisches Gesicht. Grete aber bemerkte:
"Ich fragte Hauptmann von Uelzen nach ihm. Er sagte, die Klamms stammten aus Sachsen. Er sei ursprünglich ?sterreichischer Offizier und dann einige Zeit im Ausland gewesen.
"Er halte sich hier seit anderthalb Jahren auf und suche eine Th?tigkeit, verkehre in den besten Kreisen, und mache immer den Eindruck, da? er gut bei Kasse sei."
"Nun wohl! Sehr sch?n! Sorge also für ein gutes Frühstück, Fanny, und empfangt ihn artig. Wir sehen dann weiter.--Ich mu? jetzt--"
Knoop sah nach der Uhr und stand--im übrigen bed?chtig im Wesen--rasch auf, legte die Serviette beiseite, schob den Stuhl mit einem ihm anhaftenden, starken Ordnungssinn unter den Tisch. Dann streichelte er, gutmütig l?chelnd, Frau und Tochter die Wangen, warf auch noch beim Fortgehen ein Scherzwort hin und verlie? das Zimmer.
Vor dem Garten- und Frühstückssalon befand sich ein sch?ner, heller Flur, der in Marmor ausgeführt war. Von ihm führten seitlich Thüren in die verschiedenen unteren Gem?cher. Nach oben vermittelte eine in der H?he durch eine Gallerie verbundene Marmortreppe den Auftritt. Dort befand sich ein gro?er Tanzsaal mit Nebenstuben, und dort lagen die Schlafr?ume, w?hrend sich unten die Wohn- und Gesellschaftszimmer ausdehnten.
Von ihnen führte eine Thür, zu der nur der Herr des Hauses einen Schlüssel besa?, in den Flügel links. Diesen betrat nun auch Herr Knoop, durchschritt die R?ume, die vom Hofe Licht empfingen, und begab sich in sein vorn nach der Stra?e belegenes Kontor.
"Morgen! Morgen!" erfolgte wiederholt, und fand Erwiderung, w?hrend er den Korridor durchma?.
Redakteure der Zeitungen begaben sich eben grade in ihre Gem?cher; der Faktor, mit Korrekturen in der Hand, kam aus der Druckerei, um eine Erkundigung im Hauptkontor beim Gesch?ftsführer einzuziehen, und in des Chefs Vorzimmer standen und sa?en bereits mehrere Personen, die auf sein Erscheinen warteten.
"Morgen, Herr Knoop!" erfolgte abermals ehrerbietig im Ton, und wurde durch Kopfnicken beantwortet. Dabei streifte der Chef mit kurzem, scharfem Blick die Anwesenden, gab seinem herbeieilenden Faktotum Auftrag, die drau?en Wartenden noch zu bescheiden. Er wolle erst die Post durchsehen, und lie? sich sogleich an seinem Schreibtisch nieder.--
Das zweifenstrige Zimmer war sehr gediegen ausgestattet und mit allen praktischen Bequemlichkeiten der Neuzeit versehen. Elektrische Klingelf?den führten bis an das Pult des Chefs. Verschiedene wei?e Kn?pfe waren dort zu sehen und besa?en s?mtlich Aufschriften. Sie gaben an, wer erscheinen sollte, wenn sich der Finger zum Druck auf ihre Fl?chen legte. Accidenzfaktor, Zeitungsfaktor, Magazinverwalter, Prokurist, Hausmeister, Kontordiener hatten verantwortlichere Stellungen im Knoopschen Gesch?ft inne und wurden nicht selten in das Kontor des Chefs befohlen, um seine Wünsche entgegenzunehmen.--
Unter den vielen Briefen, die Herr Friedrich Knoop zu ?ffnen und zu lesen hatte, und die meist mit Bemerkungen versehen, von ihm in Mappen gethan und vom Büreaudiener den Gesch?fts-Abteilungsvorst?nden überbracht wurden, befanden sich heute auch zwei Privatschreiben, die seine Aufmerksamkeit besonders in Anspruch nahmen.
Das eine war von seinem ?lteren Bruder, einem zurückgekommenen Kaufmann, der sich gegenw?rtig als Agent in Braunschweig aufhielt.
In diesem Brief standen folgende Worte:
"Ich frage Dich, Friedrich, zum letztenmal, ob Du mir helfen willst. Wenn Du diesmal meine Zeilen auch nicht beantwortest, mu?t Du gew?rtig sein, da? die Zeitungen berichten, welche Ursachen daran Schuld waren, da? Theodor Knoop zu einem verzweiflungsvollen Schritt seine Zuflucht nahm. Gedenke unserer verstorbenen Eltern, gedenke, da? unsere Mutter uns beide unter ihrem Herzen trug, und überlege, ob ich nicht wenigstens--was auch immer gewesen sein mag--einer Erwiderung wert bin."--
Herr Friedrich Knoop zog die breite Stirn in dem runden, mit einem Vollbart umrahmten Gesicht in Falten. Auch erhob er sich und ging--er war mittelgro?, stark beleibt und gedrungen--eine Weile in seinem Kontor auf und ab. Das geschah, wenn ihn etwas stark besch?ftigte.
Endlich setzte er sich wieder. Er hatte seinen Entschlu? gefa?t, und las nun den zweiten, ihn auch sehr besch?ftigenden Brief, der keine Unterschrift trug und durch eine Schreibmaschine hergestellt war, noch einmal durch. Er lautete:
"Sehr geehrter Herr!
Es wird Sie dieser Tage--ich h?rte es in dem Wiener Café von Bauer zuf?llig--ein Baron von Klamm besuchen. Da ich ihn sehr genau kenne, so erlaube ich mir, Sie vor ihm zu warnen. Er ist durchaus
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