Cannes und Genua, by Walther
Rathenau
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Title: Cannes und Genua Vier Reden zum Reparationsproblem
Author: Walther Rathenau
Release Date: March 29, 2007 [EBook #20937]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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UND GENUA ***
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Walther Rathenau
CANNES UND GENUA
VIER REDEN ZUM REPARATIONSPROBLEM
MIT EINEM ANHANG
1922
S. Fischer / Verlag / Berlin
Erste bis fünfte Auflage
Das letzte schriftliche Wort des Ministers Rathenau an mich, das ich in
der Aktenmappe im Auto des Ermordeten fand und das als Stichwort
für eine Anweisung an mich dienen sollte, lautete: »Der Weg der
Vernunft«.
Eine wunderbare Fügung ließ meinen hochverehrten Minister und
unvergeßlichen lieben Freund am Tage vor seiner schändlichen
Ermordung die letzte Hand an die Herausgabe der vorliegenden vier
großen Reden legen. Sie werden in dieser Zusammenstellung als eine
Erinnerung und Mahnung der Mit- und Nachwelt noch einmal deutlich
vor Augen führen, wie der Verewigte mit der ganzen Kraft und Tiefe
seines ungewöhnlichen Intellekts bemüht gewesen ist, die Welt auf den
»Weg der Vernunft« zurückzuführen. Sie werden insbesondere für alle
Zeit unvergessen machen, wie tief er die Not seines über alles geliebten
deutschen Volkes empfunden hat und wie rückhaltlos er -- unbeschadet
aller ehrlichen Ausgleichsabsichten für das zermürbte Europa -- seinen
Empfindungen über die in der Weltgeschichte bisher unerhörte
Knechtung eines so großen Volkes Ausdruck verliehen hat.
Um gerade unter diesem Gesichtspunkt wohl verstandenen nationalen
Empfindens das Wirken Rathenaus erneut zu kennzeichnen und
festzuhalten und in der Absicht, die von ihm als Außenminister
öffentlich gehaltenen großen Ansprachen bei dieser Gelegenheit
vollzählig zu bringen, sind nachträglich in einem besonderen Anhang
seine drei letzten Reden angefügt, die nach Genua eine weitere Periode
seiner Tätigkeit einleiteten.
DR. H. F. SIMON
Vortragender Legationsrat im Auswärtigen Amt und Oberstleutnant a.
D.
INHALT
Rede vor dem Obersten Rat der Alliierten in Cannes vom 12. Januar
1922 9
Rede vor dem Hauptausschuß des Reichstages vom 7. März 1922 19
Reichstagsrede vom 29. März 1922 31
Rede vor der Vollversammlung der Genueser Konferenz vom 19. Mai
1922 48
Anhang 53
Rede, gehalten am 9. Juni 1922 in Stuttgart, vor einem geladenen Kreis
aller Parteien 55
Rede, gehalten am 13. Juni 1922 in Berlin, in der Deutschen
Gesellschaft von 1914 66
Rede vor dem Reichstage am 21. Juni 1922 69
REDE VOR DEM OBERSTEN RAT DER ALLIIERTEN IN
CANNES VOM 12. JANUAR 1922
Namens der Deutschen Regierung danke ich Ihnen, daß Sie uns
Gelegenheit gegeben haben, vor Ihnen zu erscheinen. Wir erkennen an,
dass diese Konferenz neben ihren allgemeinen weltgeschichtlichen
Aufgaben es sich zur Aufgabe gestellt hat, zu prüfen, wie die deutschen
Leistungen mit der deutschen Leistungsfähigkeit in Einklang zu
bringen sind. Die Deutsche Delegation wird ernsthaft bemüht sein, alle
gewünschten Auskünfte rückhaltlos und wahrheitsgetreu zu geben. Sie
ist darüber hinaus bereit, in dem von ihr geforderten Mass an den
Aufgaben, die sich diese Konferenz gestellt hat, mitzuarbeiten. Auch
der Französischen Regierung danke ich für die freundliche Aufnahme
in dieser Stadt, in der wir ihre Gäste sind. Ich nehme an, dass es
nützlich sein wird, wenn ich, um zeitraubende Verdolmetschung zu
ersparen, mich in den weiteren Ausführungen anderer Sprachen als der
deutschen bediene, ohne dass damit für uns ein Präjudiz für den
Gebrauch irgendeiner Sprache geschaffen werden darf.
Es sind uns eine Reihe von Fragen gestellt worden. Die Fragen
beziehen sich einmal auf den Umfang der von Deutschland zu
bewirkenden Sach- und Geldleistungen, die möglich wären, ohne
Deutschland zu »verkrüppeln«. Sie beziehen sich weiter auf
Massnahmen hinsichtlich der deutschen Finanzen, sie beziehen sich
ausserdem auf die Sicherheiten, die von Deutschland für die Erfüllung
dieser Massnahmen gegeben werden können, und endlich auf die
Teilnahme Deutschlands an dem Wiederaufbau Europas.
Deutschland ist entschlossen, mit seinen Leistungen bis zu den Grenzen
seiner Leistungsfähigkeit zu gehen. Deutschland ist immer ein Land der
Ordnung gewesen. Deutschland ist aber durch einen verlorenen Krieg,
durch schwere Verluste und durch eine Revolution hindurchgegangen.
Die anormalen Zustände seiner Lebensbedingungen und seiner
Finanzen, die die Folge dieser Ereignisse sind, empfindet Deutschland
selbst am schwersten und wünscht sie zu beseitigen. Es wünscht nicht,
den Weltmarkt durch Unterbietungen zu zerrütten.
Die beiden Aufgaben, äussere Leistung und innere finanzielle
Sanierung, vor die Deutschland dadurch gestellt ist, widersprechen
einander. Um ein Beispiel zu gebrauchen, möchte ich an die Lage eines
Schiffskonstrukteurs erinnern, der gleichzeitig für höchste
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