Candida | Page 3

George Bernard Shaw
bedenken Sie, es sind nahe Verwandte von mir, Fr?ulein Garnett.
(Proserpina ihn anstarrend:) Verwandte von Ihnen?
(Morell.) Ja! Wir haben denselben Vater--im Himmel.
(Proserpina erleichtert:) Oh, weiter nichts?
(Morell mit einer Melancholie, die einem Manne Genu? ist, dessen Stimme sie schon so sch?n auszudr��cken vermag:) Ah, Sie glauben das auch nicht,--jedermann sagt es, niemand glaubt es, niemand! (Schnell zu seinem Gegenstande zur��ckkehrend:) Gut, gut! Na, Fr?ulein Proserpina, k?nnen Sie keinen Tag f��r die Hausierer finden, wie ist's mit dem f��nfundzwanzigsten,--der war noch vorgestern frei.
(Proserpina aus dem Vormerkbuch:) Auch vergeben--an die Fabier.
(Morell.) Hol' der Geier die Fabier! Ist der achtundzwanzigste gleichfalls vergeben?
(Proserpina.) Bankett in der City. Sie sind von den H��ttenbesitzern zum Speisen eingeladen.
(Morell.) Das geht, ich werde eben statt dessen nach Hoxton gehen. (Sie tr?gt diese Verpflichtung schweigend ein, mit unersch��tterlicher Verachtung gegen diese Hoxtoner Anarchisten, die sich in jeder Linie ihres Gesichtes spiegelt. Morell rei?t das Streifband eines Exemplars des "Church Reformer" ab, das mit der Post angekommen ist, und ��berfliegt den Leitartikel Stewart Hedlams und die Mitteilungen der Gilde von Sankt Matth?us. Diese Vorg?nge werden alsbald durch das Erscheinen des Unterpfarrers Morells, Alexander Mill, unterbrochen. Er ist ein junger Mensch, den Morell von der n?chsten Missionstelle der Universit?t bezogen hat, wohin er von Oxford gekommen war, um dem East-End von London die Wohltat seiner akademischen Bildung angedeihen zu lassen. Er ist ein eingebildeter, gutgesinnter, unreifer Mann, von enthusiastischer Natur. Nichts absolut Unausstehliches ist in seinem Wesen au?er der Gewohnheit, um eine gezierte Sprache zu erzielen, mit sorgsam geschlossenen Lippen zu reden und eine Menge Vokale schlecht auszusprechen, als ob dies das Hauptmittel w?re, die Bildung Oxfords unter den P?bel Hackneys zu tragen.)
(Morell, den er durch eine h��ndische Unterw��rfigkeit f��r sich gewann, blickt nachsichtig von seiner Lekt��re im "Church Reformer" auf und bemerkt:) Nun, Lexi, wieder verschlafen, wie gew?hnlich?
(Mill.) Leider ja. Ich wollte, ich k?nnte des Morgens leichter aufstehen.
(Morell freut sich der eigenen Energie:) Ha, ha! (launig:) "Wache und bete", Lexi, "wache und bete".
(Mill.) Ich wei?. (Er ben��tzt diese Gelegenheit sofort, um einen Witz zu machen.) Aber wie kann ich wachen und beten, wenn ich schlafe; --hab' ich nicht recht, Fr?ulein Prossi?
(Proserpina scharf:) Fr?ulein Garnett, wenn ich bitten darf.
(Mill.) Entschuldigen Sie, Fr?ulein Garnett.
(Proserpina.) Sie m��ssen heute alle Arbeit allein erledigen. (Mill.) Warum?
(Proserpina.) Fragen Sie nicht, warum. Es wird Ihnen wohl bekommen, Ihr Abendbrot einmal zu verdienen, bevor Sie es essen, wie ich es t?glich tue. Los, tr?deln Sie nicht. Sie sollten schon seit einer halben Stunde unterwegs sein.
(Mill starr:) Spricht sie im Ernst, Herr Pastor?
(Morell in bester Laune--seine Augen gl?nzen:) Ja. Heute werd' ich einmal bummeln.
(Mill.) Sie? Sie wissen ja nicht, wie man das macht.
(Morell herzlich:) Ha, ha! Wei?ichdasnicht? Diesen Tag will ich ganz f��r mich haben, oder doch wenigstens den Vormittag! Meine Frau kommt n?mlich zur��ck, um elf Uhr f��nfundvierzig soll sie hier eintreffen.
(Mill erstaunt:) Schon zur��ck--mit den Kindern? Ich dachte, sie wollte bis Ende des Monats fortbleiben.
(Morell.) So ist es. Sie kommt nur f��r zwei Tage her, um f��r Jimmy etwas Flanellw?sche einzukaufen und um zu sehen, wie wir hier ohne sie fertig werden.
(Mill ?ngstlich:) Aber lieber Herr Morell, wenn das, was Jimmy und Flussy gefehlt hat, wirklich Scharlach war, halten Sie es f��r klug?--
(Morell.) Unsinn, Scharlach! Masern waren es, ich habe sie selbst von der Pycroftstra?e aus der Schule nach Hause gebracht; ein Pastor ist wie ein Arzt, mein Lieber, er mu? der Ansteckung ins Auge sehen k?nnen wie ein Soldat den Kugeln. (Er erbebt sich und schl?gt Mill auf die Schultern.) Trachten Sie, Masern zu bekommen, wenn Sie k?nnen; Candida wird Sie dann pflegen, und was f��r ein Gl��cksfall w?re das f��r Sie, --was?
(Mill unsicher l?chelnd:) Es ist schwer, Sie zu verstehen, wenn Sie ��ber Frau Morell sprechen.--
(Morell weich:) Mein lieber Junge, seien Sie erst verheiratet! Verheiratet mit einer guten Frau, und dann werden Sie mich verstehen. Es ist ein Vorgeschmack von dem Besten, was uns in dem himmlischen Reich erwartet, das wir uns auf Erden zu gr��nden versuchen. Dann werden Sie sich schon das Bummeln abgew?hnen! Ein braver Mann f��hlt, da? er dem Himmel f��r jede Stunde des Gl��cks ein hartes St��ck selbstloser Arbeit zum Wohle seiner Mitmenschen schuldig ist. Wir haben ebensowenig das Recht, Gl��ck zu verbrauchen, ohne es zu erzeugen, als Reichtum zu verbrauchen, ohne ihn zu erwerben. Suchen Sie sich eine Frau wie meine Candida, und Sie werden immer Schuldner sein, wieviel Sie auch abzahlen. (Er klopft Mill liebevoll auf den R��cken und ist im Begriff, das Zimmer zu verlassen, als Mill ihn zur��ckruft.)
(Mill.) Oh, warten Sie einen Augenblick, ich verga?... (Morell bleibt stehen und wendet sich um, die T��rklinke in der Hand.) Ihr Herr Schwiegervater wird hierherkommen, er hat mit Ihnen zu sprechen. (Morell schlie?t die T��r wieder, mit vollkommen ver?ndertem Wesen.)
(Morell ��berrascht und nicht erfreut:) Burgess?
(Mill.) Ja! Ich traf ihn mit jemandem im Park, in eifrigem Gespr?ch. Er sprach mich an und bat
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