Bulemanns Haus | Page 3

Theodor W. Storm
waren und an deren Wert er nur auf H?he der ererbten und, wie die B��cher ergaben, meist sehr geringen Darlehnsforderung einen Anspruch hatte. Aber Herr Bulemann war keiner von den Unentschlossenen. Schon in wenigen Tagen war die Verbindung mit einem in der ?u?ersten Vorstadt wohnenden Tr?dler angekn��pft, und nachdem man einige Pf?nder aus den letzten Jahren zur��ckgesetzt hatte, wurde heimlich und vorsichtig der bunte Inhalt der gro?en Nu?baumschr?nke in gediegene Silberm��nzen umgewandelt.
Das war die Zeit, wo der Knabe Leberecht ins Haus gekommen war.
Das gel?ste Geld tat Herr Bulemann in gro?e eisenbeschlagene Kasten, welche er nebeneinander in seine Schlafkammer setzen lie?; denn bei der Rechtlosigkeit seines Besitzes wagte er nicht, es auf Hypotheken auszutun oder sonst ?ffentlich anzulegen.
Als alles verkauft war, machte er sich daran, s?mtliche f��r die m?gliche Zeit seines Lebens denkbare Ausgaben zu berechnen. Er nahm dabei ein Alter von neunzig Jahren in Ansatz und teilte dann das Geld in einzelne P?ckchen je f��r eine Woche, indem er auf jedes Quartal noch ein R?llchen f��r unvorhergesehene Ausgaben dazulegte. Dieses Geld wurde f��r sich in einen Kasten gelegt, welcher nebenan in dem Wohnzimmer stand; und alle Sonnabendmorgen erschien Frau Anken, die alte Wirtschafterin, die er aus der Verlassenschaft seines Vaters mit ��bernommen hatte, um ein neues P?ckchen in Empfang zu nehmen und ��ber die Verausgabung des vorigen Rechenschaft zu geben.
Wie schon erz?hlt, hatte Herr Bulemann Frau und Kinder nicht mitgebracht; dagegen waren zwei Katzen von besonderer Gr??e, eine gelbe und eine schwarze, am Tage nach der Beerdigung des alten Pfandverleihers durch einen Matrosen in einem fest zugebundenen Sack vom Bord des Schiffes ins Haus getragen worden. Diese Tiere waren bald die einzige Gesellschaft ihres Herrn. Sie erhielten mittags ihre eigene Sch��ssel, die Frau Anken unter verbissenem Ingrimm Tag aus und ein f��r sie bereiten mu?te; nach dem Essen, w?hrend Herr Bulemann sein kurzes Mittagsschl?fchen abtat, sa?en sie ges?ttigt neben ihm auf dem Kanapee, lie?en ein L?ppchen Zunge hervorh?ngen und blinzelten ihn schl?frig aus ihren gr��nen Augen an. Waren sie in den unteren R?umen des Hauses auf der Mausjagd gewesen, was ihnen indessen immer einen heimlichen Fu?tritt von dem alten Weib eintrug, so brachten sie gewi? die gefangenen M?use zuerst ihrem Herrn im Maule hergeschleppt und zeigten sie ihm, ehe sie unter das. Kanapee krochen und sie verzehrten. War dann die Nacht gekommen und hatte Herr Bulemann die bunte Zipfelm��tze mit einer wei?en vertauscht, so begab er sich mit seinen beiden Katzen in das gro?e Gardinenbett im Nebenk?mmerchen, wo er sich durch das gleichm??ige Spinnen der zu seinen F��?en eingew��hlten Tiere in den Schlaf bringen lie?.
Dieses friedliche Leben war indes nicht ohne St?rung geblieben. Im Laufe der ersten Jahre waren dennoch einzelne Eigent��mer der verkauften Pf?nder gekommen und hatten gegen R��ckzahlung des darauf erhaltenen S��mmchens die Auslieferung ihrer Pretiosen verlangt. Und Herr Bulemann, aus Furcht vor Prozessen, wodurch sein Verfahren in die ?ffentlichkeit h?tte kommen k?nnen, griff in seine gro?en Kasten und erkaufte sich durch gr??ere oder kleinere Abfindungssummen das Schweigen der Beteiligten. Das machte ihn noch menschenfeindlicher und verbissener. Der Verkehr mit dem alten Tr?dler hatte l?ngst aufgeh?rt; einsam sa? er auf seinem Erkerst��bchen mit der L?sung eines schon oft gesuchten Problems, der Berechnung eines sichern Lotteriegewinnes, besch?ftigt, wodurch er dermaleinst seine Sch?tze ins Unerme?liche zu vermehren dachte. Auch Graps und Schnores, die beiden gro?en Kater, hatten jetzt unter seiner Laune zu leiden. Hatte er sie in dem einen Augenblick mit seinen langen Fingern get?tschelt, so konnten sie sich im andern, wenn etwa die Berechnung auf den Zahlentafeln nicht stimmen sollte, eines Wurfs mit dem Sandfa? oder der Papierschere versehen, so da? sie heulend in die Ecke hinkten.
Herr Bulemann hatte eine Verwandte, eine Tochter seiner Mutter aus erster Ehe, welche indessen schon bei dem Tod dieser wegen ihrer Erbanspr��che abgefunden war und daher an die von ihm ererbten Sch?tze keine Anspr��che hatte. Er k��mmerte sich jedoch nicht um diese Halbschwester, obgleich sie in einem Vorstadtviertel in den d��rftigsten Verh?ltnissen lebte; denn noch weniger als mit anderen Menschen liebte Herr Bulemann den Verkehr mit d��rftigen Verwandten. Nur einmal, als sie kurz nach dem Tod ihres Mannes in schon vorger��cktem Alter ein kr?nkliches Kind geboren hatte, war sie Hilfe suchend zu ihm gekommen. Frau Anken, die sie eingelassen, war horchend unten auf der Treppe sitzen geblieben, und bald hatte sie von oben die scharfe Stimme ihres Herrn geh?rt, bis endlich die T��r aufgerissen worden und die Frau weinend die Treppe herabgekommen war. Noch an demselben Abend hatte Frau Anken die strenge Weisung erhalten, die Kette f��rderhin nicht von der Haust��r zu ziehen, falls etwa die Christine noch einmal wiederkommen sollte.
Die Alte begann sich immer mehr vor der Hakennase und den grellen Eulenaugen ihres Herrn zu f��rchten. Wenn er oben am Treppengel?nder ihren Namen rief oder auch, wie er es vom Schiff her gewohnt war, nur einen schrillen Pfiff auf seinen Fingern tat,
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