gelockt h?tten.
Heute war es anders; die Katzen waren weder im Zimmer noch drau?en auf dem Flur. Als das durch das Fenster fallende Mondlicht über den Fu?boden weg und allm?hlich an der kleinen Gestalt hinaufrückte, begann sie sich zu regen; die gro?en runden Augen ?ffneten sich, und Herr Bulemann starrte in das leere Zimmer hinaus. Nach einer Weile rutschte er, die langen ?rmel mühsam zurückschlagend, von dem Canapee herab und schritt langsam der Tür zu, w?hrend die breite Schleppe des Schlafrocks hinter ihm herfegte. Auf den Fu?spitzen nach der Klinke greifend, gelang es ihm, die Stubentür zu ?ffnen und drau?en bis an das Gel?nder der Treppe vorzuschreiten. Eine Weile blieb er keuchend stehen; dann streckte er den Kopf vor und bemühte sich zu rufen: "Frau Anken, Frau Anken!" Aber seine Stimme war nur wie das Wispern eines kranken Kindes. "Frau Anken, mich hungert; so h?ren Sie doch!"
Alles blieb still; nur die M?use quieksten jetzt heftig in den unteren Zimmern.
Da wurde er zornig. "Hexe, verfluchte, was pfeift Sie denn?" Und ein Schwall unverst?ndlich geflüsterter Schimpfworte sprudelte aus seinem Mund, bis ein Stickhusten ihn befiel und seine Zunge l?hmte.
Drau?en, unten an der Haustür, wurde der schwarze Messingklopfer angeschlagen, da? der Hall bis in die Spitze des Hauses hinaufdrang. Es mochte jener n?chtliche Geselle sein, von dem im Anfang dieser Geschichte die Rede gewesen ist.
Herr Bulemann hatte sich wieder erholt. "So ?ffnen Sie doch!" wisperte er; "es ist der Knabe, der Christoph; er will den Becher holen."
Pl?tzlich wurden von unten herauf zwischen dem Pfeifen der M?use die Sprünge und das Knurren der beiden gro?en Katzen vernehmbar. Er schien sich zu besinnen; zum ersten Mal bei seinem Erwachen hatten sie das oberste Stockwerk verlassen und lie?en ihn gew?hren.--Hastig, den langen Schlafrock nach sich schleppend, stapfte er in das Zimmer zurück.
Drau?en aus der Tiefe der Gasse h?rte er den W?chter rufen.
"Ein Mensch, ein Mensch!" murmelte er; "die Nacht ist so lang, so viel Mal bin ich aufgewacht, und noch immer scheint der Mond."
Er kletterte auf den Polsterstuhl, der in dem Erkerfenster stand. Emsig arbeitete er mit den kleinen dürren H?nden an dem Fensterhaken; denn drunten auf der mondhellen Gasse hatte er den W?chter stehen sehen. Aber die Haspen waren festgerostet; er bemühte sich vergebens, sie zu ?ffnen. Da sah er den Mann, der eine Weile hinaufgestarrt hatte, in den Schatten der H?user zurücktreten.
Ein schwacher Schrei brach aus seinem Mund; zitternd mit geballten F?usten schlug er gegen die Fensterscheiben; aber seine Kraft reichte nicht aus, sie zu zertrümmern. Nun begann er Bitten und Versprechungen durcheinander zu wispern; allm?hlich, w?hrend die Gestalt des unten gehenden Mannes sich immer mehr entfernte, wurde sein Flüstern zu einem erstickten heisern Gekr?chze; er wollte seine Sch?tze mit ihm teilen, wenn er nur h?ren wollte; er sollte alles haben, er selber wollte nichts, gar nichts für sich behalten; nur den Becher, der sei das Eigentum des kleinen Christoph.
Aber der Mann ging unten unbekümmert seinen Gang, und bald war er in einer Nebengasse verschwunden.--Von allen Worten, die Herr Bulemann in jener Nacht gesprochen, ist keines von einer Menschenseele geh?rt worden.
Endlich nach aller vergeblichen Anstrengung kauerte sich die kleine Gestalt auf dem Polsterstuhl zusammen, rückte die Zipfelmütze zurecht und schaute, unverst?ndliche Worte murmelnd, in den leeren Nachthimmel hinauf.
Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Bulemanns Haus, von Theodor Storm.
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