Aus meinem Leben - Zweiter Teil | Page 3

August Bebel
Streben, die Arbeiterbewegung der Bismarckschen Politik dienstbar zu machen, blieb bestehen und hatte einen gewissen Erfolg, woran die scharfe Absage, die Karl Marx dem alter ego Bismarcks, Lothar Bucher, gab, als dieser ihn zur Mitarbeit am preu?ischen "Staatsanzeiger" einlud, nichts ?nderte.
Helene v. Rakowicza (Helene v. D?nniges), die ehemalige Geliebte Lassalles, wegen der er in das Duell, das ihn das Leben kostete, verwickelt wurde, erz?hlt in ihrem Buche: "Von anderen und mir", Berlin 1909, da? sie in einer Nachtunterhaltung Lassalle die Frage vorgelegt: Ist's nun wahr? Hast du mit Bismarck allerlei Geheimes zu tun? Worauf dieser geantwortet habe: "Was Bismarck anbelangt und was er von mir gewollt hat und ich von ihm?--la? dir's gen��gen, da? es nicht zustande kam, nicht zustande kommen konnte. Wir waren beide zu schlau--wir sahen unsere beiderseitige Schlauheit und h?tten nur damit enden k?nnen, uns (immer politisch gesprochen) ins Gesicht zu lachen. Dazu sind wir zu gut erzogen--also blieb es bei den Besuchen und geistreichen Gespr?chen."
Diese Darstellung klingt wahrscheinlich. Es hie?e Lassalles Scharfsinn und seine Einsicht beleidigen, sollte er anders gedacht haben, als hier seine ehemalige Geliebte erz?hlt. Ueberhaupt konnte kein scharfsinniger und einsichtiger Mensch, und das war auch Schweitzer, sich t?uschen ��ber das, was ein Sozialdemokrat von Bismarck erlangen konnte, was nicht, und da?, wenn Bismarck auf irgendwelche Beziehungen mit Sozialdemokraten sich einlie?, es nur geschah, um sie in seinem Interesse zu verwenden und nachher wie ausgepre?te Zitronen beiseite zu werfen. Oder ein anderes, da? sie sich an ihn verkauften und ihm Dienste leisteten, was bei Lassalle nicht in Frage kommen konnte.
F��r meine Auffassung spricht zun?chst die Tatsache, da?, als an des Pr?sidenten Bernhardt Beckers Stelle F.W. Fritzsche Vizepr?sident des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins wurde, Dr. Dammer, der fr��here Vizepr?sident des Vereins, Fritzsche empfahl, er solle bei seinen Agitationen im K?nigreich Sachsen neben den sozialistischen Forderungen f��r die preu?ische Spitze eintreten und die ��ber diese Versammlungen ver?ffentlichten Zeitungsberichte direkt an Bismarck senden, auch diesem ��ber die abgehaltenen Versammlungen direkt berichten. Fritzsche selbst hat mir diese Mitteilungen gemacht, als es sich im Herbst 1878 um die Bek?mpfung des Entwurfs des Sozialistengesetzes handelte. Diese Mitteilungen habe ich damals im Reichstag in einer Rede gegen Bismarck auch verwendet.
Die Versuche, den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein f��r die Bismarcksche gro?preu?ische Politik nutzbar zu machen, waren also sehr fr��hzeitig vorhanden und dauernde. Es wird Sache meiner Auseinandersetzungen sein, zu beweisen, da? Schweitzer diesen Bestrebungen Bismarcks bewu?t diente.
W?re Schweitzer ein Mann gewesen, der der Sache, die er ?u?erlich verfocht, innerlich ehrlich zugetan war, w?re er ein Mann gewesen, von dem jeder Parteigenosse ��berzeugt sein mu?te, da? nur die Begeisterung und das reinste Streben, der Arbeiterklasse zu dienen, bei ihm vorhanden war, h?tte er die sehr bedenklichen Zweideutigkeiten, die in seinem politischen Leben auftauchten, zu vermeiden gewu?t, w?re mit einem Worte sein ganzes Tun Vertrauen fordernd gewesen, er w?re bis an sein Lebensende unbestritten der F��hrer der Partei geblieben. Jeder Versuch, ihn zu diskreditieren, w?re an ihm abgeprallt, mochten solche Angriffe ausgehen von welcher Seite immer. Statt dessen mu?te er sein stetig sinkendes Ansehen verteidigen und erlebte schlie?lich, da? nach der Niederlegung seiner Pr?sidentschaft, als jeder wagen durfte, frei zu sprechen, ohne Gefahr, von einem Bannstrahl getroffen zu werden, gerade diejenigen die ehrenr��hrigsten Anklagen gegen ihn erhoben, die ihn einstmals gegen die Angriffe von unserer Seite fanatisch verteidigt hatten. So kam es, da? die Nachricht von seinem Tode jene kalt und gleichg��ltig lie?, die im anderen Falle ihn bis zur letzten Stunde als ihren F��hrer anerkannt und seinem Andenken alle Ehren erwiesen haben w��rden.
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Jean Baptist v. Schweitzer wurde am 12. Juli 1834 zu Frankfurt am Main geboren. Das Blut, das in seinen Adern flo?, war, nach seinen Vorfahren zu urteilen, eine Mischung von italienisch-franz?sischem mit deutschem Blute. Seine Familie, die im Jahre 1814 vom damaligen K?nig von Bayern geadelt wurde, geh?rte zu den sogenannten Patrizierfamilien Altfrankfurts.
Was der junge Schweitzer in seiner Familie sah und h?rte, war nicht sehr erhebend und von zweifelhaft erzieherischem Einflu?. Der Vater, einst Kammerjunker bei dem ber��chtigten Herzog Karl von Braunschweig, der 1830 eilig sein Land verlassen mu?te, wollte er nicht der Volkswut zum Opfer fallen, war ein L��drian, der als Verschwender lebte. Die Mutter, die getrennt von ihrem Manne ein besonderes Haus f��hrte, trieb es in der gleichen Weise. Kein Wunder, da? der junge Jean Baptist bei solcher Abstammung und bei solchem Vorbild in die elterlichen Fu?tapfen trat, nur da? ihm die Mittel fehlten, welche die Eltern verjubelt hatten, worauf denn f��r ihn das Schuldenmachen die notwendige Konsequenz war.
Gegen die Mitte der f��nfziger Jahre f��hrte ihn sein Studium auch nach Berlin, wo er unter anderem im Hause Krummachers, dessen Frau eine Verwandte seiner Gro?mutter war, verkehrte, und die f��hrenden M?nner der preu?ischen Reaktion, so zum Beispiel Friedrich Julius Stahl, kennen lernte. Die sp?ter in seinen Schriften hervortretende scharfe und treffende Kritik der Natur des preu?ischen Staates d��rfte
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