Aus meinem Leben, Erster Teil | Page 2

August Bebel
Energie der betreffenden Pers??nlichkeit ab, ob und wie fehlerhafte Erziehung oder unterdr??ckt gewesene Eigenschaften sich Geltung verschaffen. Das kostet oft genug einen schweren Kampf mit sich selbst, denn die Eindr??cke, die der Mensch in seiner Kinder- und Jugendzeit empf?¤ngt, beeinflussen am meisten sein F??hlen und Denken. Was immer im sp?¤teren Leben die Verh?¤ltnisse aus dem einzelnen machen, die Eindr??cke seiner Jugend wirken im guten wie im schlimmen Sinne auf ihn, und oft bestimmen sie sein Handeln.
Ich wenigstens mu?? eingestehen, da?? die Eindr??cke und Erlebnisse in den Kinder- und Jugendjahren mich h?¤ufig in einer Weise gefangen nahmen, da?? ich M??he hatte, mich ihrer zu erwehren, und ganz los geworden bin ich sie nie.
Der Mensch ist irgendwo geboren.
Mir wurde dieses Gl??ck zuteil am 22. Februar 1840, an welchem Tage ich in der Kasematte zu Deutz-K??ln das Licht der Welt erblickte. Mein Vater war der Unteroffizier Johann Gottlob Bebel in der 3. Kompagnie des 25. Infanterieregiments, meine Mutter Wilhelmine Johanna geborene Simon. Mein Taufschein weist nicht Deutz a€” das damals noch eine selbst?¤ndige Gemeinde war a€”, sondern K??ln als Geburtsort auf, offenbar weil die Deutzer Garnison zu jener der Festung K??ln und zur gleichen Kirchengemeinde geh??rte.
Das a€?Licht der Welta€?, in das ich nach meiner Geburt blickte, war das tr??be Licht einer zinnernen Oellampe, das notd??rftig die grauen W?¤nde einer gro??en Kasemattenstube beleuchtete, die zugleich Schlaf- und Wohnzimmer, Salon, K??che und Wirtschaftsraum war. Nach der Angabe meiner Mutter war es abends Schlag neun Uhr, als ich in die Welt trat, insofern a€?ein historischer Momenta€?, als eben drau??en vor der Kasematte der Hornist den Zapfenstreich blies, bekanntlich seit a€?unvordenklichen Zeitena€? das Zeichen, da?? die Mannschaften sich zur Ruhe zu begeben haben.
Prophetisch angelegte Naturen k??nnten aus dieser Tatsache schlie??en, da?? damit schon meine sp?¤tere oppositionelle Stellung gegen die bestehende Staatsordnung angek??ndigt wurde. Denn streng genommen verstie?? es wider die milit?¤rische Ordnung, da?? ich als preu??isches Unteroffizierskind in demselben Augenblick die W?¤nde einer k??niglichen Kasemattenstube beschrie a€” und ich soll schon bei meiner Geburt eine recht kr?¤ftige Stimme gehabt haben a€”, in dem der Befehl zur Ruhe erlassen wurde.
Aber die so folgerten, t?¤uschten sich. Es hat sp?¤ter noch geraumer Zeit bedurft, ehe ich mich aus den Banden der Vorurteile befreite, in die das Leben in der Kasematte und die sp?¤teren Jugendeindr??cke mich geschlagen hatten.
Es ist nicht ??berfl??ssig, weil f??r die Beurteilung meiner selbst notwendig, hier einiges ??ber meinen Vater und meine Mutter zu sagen. Mein Vater war in Ostrowo in der Provinz Posen geboren, als der Sohn des B??ttchermeisters Johann Bebel. Ich glaube annehmen zu m??ssen, da?? die Bebels aus dem S??dwesten Deutschlands (W??rttemberg) nach dem Osten, etwa um die Reformationszeit, eingewandert sind. Feststellen konnte ich, da?? um 1625 schon ein Bebel in Kreuzburg (Schlesien) lebte. Aber zahlreicher sind sie bis heute in S??dwestdeutschland vorhanden. Auch kommt der Name Bebel seit der Reformationszeit durch Tr?¤ger desselben in ??ffentlichen Stellungen vor. Ich erinnere an den Verfasser der a€?Facetiaea€?, den Humanisten Heinrich Bebel, der Professor in T??bingen war und 1518 starb. Ferner gab es einen Buchdrucker Johann Bebel in Basel, der um 1518 die Utopie des Thomas Morus herausgab. Ein Professor Balthasar Bebel lebte um 1669 in Stra??burg i.E. und ein Dr. med. Friedrich Wilhelm Bebel um 1792 in Nagold in W??rttemberg. Der Name Bebel ist auch noch verballhornt als B??bel in S??ddeutschland zu finden. Da?? mein Vater vom Osten nach dem Westen verschlagen wurde, hatte seinen Grund darin, da?? er mit seinem Zwillingsbruder August im Jahre 1828 in ein posensches Infanterieregiment, ich glaube in das 19., eintrat. Als dann im Jahre 1830 der polnische Aufstand ausbrach, hielt es die preu??ische Regierung f??r angemessen, die posenschen Regimenter aus der Provinz zu entfernen. Das Regiment, in dem mein Vater diente, wurde als Teil der preu??ischen Bundesgarnison nach der damaligen Bundesfestung Mainz verlegt. Dieser Umstand veranla??te, da?? mein Vater und meine Mutter sich kennen lernten.
Meine Mutter stammte aus einer alteingesessenen, nicht unbemittelten Kleinb??rgerfamilie der ehemaligen freien Reichsstadt Wetzlar. Der Vater war B?¤cker und Landwirt. Die Familie war zahlreich, und so trat meine Mutter, dem Beispiel der T??chter anderer Wetzlarer Familien folgend, die Wanderung nach Frankfurt a.M. an, woselbst sie als Dienstm?¤dchen Stellung nahm. Von Frankfurt kam sie nach dem benachbarten Mainz und machte hier die Bekanntschaft meines Vaters. Als dann sp?¤ter das betreffende Infanterieregiment wieder nach der Provinz Posen zur??ckversetzt wurde, trat mein Vater in R??cksicht auf seine Braut, vielleicht auch, weil es ihm im Rheinland besser gefiel als in seiner Heimat, aus demselben aus und trat in das in K??ln-Deutz garnisonierende 25. Infanterieregiment ein. Sein Zwillingsbruder August, mein Taufpate, folgte seinem Beispiel insofern, als dieser in das damals in Mainz garnisonierende 40. Infanterieregiment (8. rheinisches F??silierregiment) ??bertrat.
Eine preu??ische Unteroffiziersfamilie der damaligen Zeit lebte in erb?¤rmlichen Verh?¤ltnissen. Das Gehalt war mehr als knapp, wie denn zu jener Zeit ??berhaupt in der Milit?¤r- und Beamtenwelt Preu??ens Schmalhans K??chenmeister war, und so ziemlich
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 84
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.