Aus der Chronika eines fahrenden Schnlers | Page 9

Clemens Brentano
deinem Aug mein Tag anbricht, Sonn, Mond dir weichen müssen,
O du unschuldger Himmel du! Du lachst aus Kindesblicken, O Engelsehen, o selge Ruh, In dich mich zu entzücken!
Ich schau zu dir so Tag als Nacht, Mu? ewig zu dir schauen, Und wenn mein Himmel tr?umend lacht, W?chst Hoffnung und Vertrauen.
Komm her, komm her, trink meine Brust, Leben von meinem Leben; O, k?nnt ich alle fromme Lust Aus meiner Brust dir geben!
Nur Lust, nur Lust, und gar kein Weh, Ach, du trinkst auch die Schmerzen; So st?rke Gott in Himmelsh?h Dich Herz aus meinem Herzen!
Vater unser, der du im Himmel bist, Unser t?glich Brot gib uns heute, Getreuer Gott, Herr Jesus Christ, Tr?nk uns aus deiner Seite.-Du strahlender Augenhimmel du, Du taust aus Mutteraugen, Ach Herzenspochen, ach Lust, ach Ruh, An deinen Brüsten saugen!
Ich schau zu dir so Tag als Nacht, Mu? ewig zu dir schauen; Du mu?t mir, die mich zur Welt gebracht, Auch nun die Wiege bauen.
Um meine Wiege la? Seide nicht, La? deinen Arm sich schlingen, Und nur deiner milden Augen Licht La? zu mir niederdringen.
Und in deines keuschen Scho?es Hut Sollst du deine Kindlein schaukeln, Da? deine Kinder, so lieb, so gut, Wie Tr?ume mich umgaukeln.
Da tr?umt mir, wie ich so ganz allein Gewohnt dir unterm Herzen; Da waren die Freuden, die Leiden dein Mir Freuden auch und Schmerzen.
Und ward dir dein Herz ja allzu gro?, Und hattest nicht, wem klagen, Und weintest du still in deinen Scho?, Half ich dein Herz dir tragen.
Da rief ich: Komm, lieb Mutter, komm! Kühl dich in Liebeswogen! Da fühltest du dich so still, so fromm In dich hinabgezogen.
So mutterselig ganz allein In deiner Lust berauschet, Hab ich die klare Seele dein, Du reines Herz, belauschet.
Was heilig in dir zu aller Stund, Das bin ich all gewesen; Nun kü? mich, sü?er Mund, gesund, Weil du an mir genesen.
O selig, selig ohne Schuld, Wie konnt ich mit dir beten; O wunderbare Ungeduld, Ans scharfe Licht zu treten!
O Mutter, halte dein Kindlein warm, Die Welt ist kalt und helle, Und trag es fromm, bist du zu arm, Hin an des Grabes Schwelle.
Leg es in Linnen, die du gewebt, Zu Blumen, die du gepflücket, Stirb mit, da?, wenn es die ?uglein hebt, Im Himmel es dich erblicket.
So lallt zu dir ein frommes Herz, Und nimmer lernt es sprechen, Blickt ewig zu dir, blickt himmelw?rts Und will in Freuden brechen.
Brichts nicht in Freud, brichts doch in Leid, Bricht es uns allen beiden. Ach, Wiedersehen geht fern und weit, Und nahe geht das Scheiden!
Als ich das Lied ganz hergesagt, waren ich und mein Herr Ritter ein bi?chen stille. Dann hob er an und sprach: "Du hast recht, lieber Johannes, du warst recht reich, eine so liebe Mutter auf Erden zu finden; das ist ein sch?nes Lied, aber es ist auch viel Trauer darin; wer hat es denn also gesetzet, da? es am Ende so schmerzlich vom Scheiden spricht?"
Da sagte ich: "Mein Vater hat es gesetzt, als ich noch nicht geboren war, da er von meiner Mutter scheiden mu?te, und hat sie ihn nie wiedergesehn, und kenne ich ihn auch nicht." Da brachen mir die Tr?nen aus, aber mein gn?diger Herr fuhr mir freundlich mit der Hand über das Haupt und sagte: "Sei wohlgemut! Ich will dein Vater sein, das reicht auf Erden hin, Gott gebs!" Da kü?t ich ihm die Hand und fuhr fort: "Ach, Herr Ritter, solcher Reichtum an einer so lieben Mutter war noch nicht genug; denn gute Leute nahmen mich auf ihre Arme und trugen mich in die Kirche; da ward ich durch die heilige Taufe aufgenommen unter die Kinder Gottes und ward gereinigt von aller Sünde und ward teilhaftig der Versühnung unseres Herrn Jesu Christi. Da ward ich erst reich über alle Ma?en, da hatte ich das ewige Leben und den Schlüssel des Himmels geschenket. Dann aber auch ward mir gegeben viele irdische Herrlichkeit, und was zum Leben n?tig und lustig ist; denn ich ward gelehret, da? der Glanz der Sonne all mein Gold sei, der Spiegel der Flüsse all mein Silber, die grünen Wiesen mit ihren Blumen all meine Teppiche und Tapezereien, der Himmel mit seinen blauen gestirnten Gew?lben und der grüne hohe Wald alle meine Geb?ude und Hallen; ja endlich bin ich so reich geworden, da? mir die ganze Welt offen stand, und alle guten Menschen meine Diener warden, zu denen ich sprechen durfte: Gib mir dies, gib mir jenes; und hatte ich auch keinen Herrn, als den Herrn aller Herren, den lieben Gott, der mir das Leben zu einem Leben gegeben, und in dessen H?nde ich es, so der heilige Geist seine Gnade verleiht, und mein Herr Jesus sich meiner erbarmt, ohne gro?e Makel zurückzugeben hoffe, und habe ich mir zum Spruche auf mein Schild erw?hlt--denn ich bin eines Ritters Sohn--:
Der Himmel ist mein Hut, Die Erde ist mein

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