Aus Kroatien | Page 2

Arthur Achleitner
Getreideschuppen aus napoleonischer Zeit. Die m?rchenhaftblaue Korana prahlt just hier mit hinrei?ender Sch?nheit in ��berraschenden Wasserst��rzen; doch kommt dieser Wasserzauber inmitten tiefer Melancholie nur bei hellem Sonnenlichte zur Geltung. Grauer Himmel und Regenschauer verwandeln diese Gegend in eine abschreckende ?de und Wildnis, die auf das Gem��t ersch��tternd wirkt.
Des schlechten Ertrages aus dem Ackerbau wegen hatten die Offiziere des Likaner Grenzregimentes ihre stetige Not mit der m?nnlichen Bev?lkerung der oberen Lika; sch?n und hochgewachsen waren (und sind heute noch) die M?nner, pr?chtige Gestalten und brauchbare, mutige Soldaten, aber f��r die Bodenbearbeitung hatten sie keinen Sinn, und nur unter Zwang lie?en sie sich, stets je acht Mann, vor einen Pflug spannen, um an Stelle der fehlenden Ochsen die Feldbearbeitung vorzunehmen. Auf Schritt und Tritt mu?ten den Likanern der Profos und Unteroffiziere folgen.
Zufolge Regimentsbefehles bauten die Kompagnie-Offiziere und Stationskommandanten auf den milit?reigenen Grundst��cken um jene Zeit Kartoffeln zum Zwecke, die b?uerlichen Grenzsoldaten mit dieser Frucht bekannt zu machen, die Leute zu veranlassen, den Kartoffelanbau in der Lika allgemein einzuf��hren. Auch die Kompagnie im St?dtchen S. hatte im Fr��hjahre den Regimentsbefehl zugemittelt erhalten, versch?rft mit der "gepfefferten" Bemerkung des zu Karlstadt residierenden Obersten K., da? die Offiziere zu S. "alles und mit Beschleunigung aufzubieten haben, den Kartoffelbau erfolgreich einzuf��hren". Gehorsam hatte der dienst?lteste Hauptmann Attilius Tonidandel, ein sehr b?rbei?ig aussehender, doch gutm��tiger und witzig veranlagter Herr, im K��chengarten bei seinem Wohnhause "Krompir" (Grundbirne, Erdapfel) anbauen lassen, im Dienstwege aber schriftlich beim Regimentskommando angefragt, "wie mit Beschleunigung erfolgreich" die Kartoffel bei den Grenzsoldaten "beliebt" gemacht werden solle.
Diese "gehorsamste", in Wahrheit etwas boshafte Anfrage war ohne Antwort geblieben. Deshalb k��mmerte sich Hauptmann Tonidandel nicht weiter um den Befehl, noch weniger um die "gepfefferte" Bemerkung des Regimentskommandanten, und Herr Attilius lie? die "Krompir" Stauden wachsen, wie sie wollten.
In der Stabskanzlei des todlangweiligen Garnisonst?dtchens "mopste" sich eines melancholischen Herbsttages Tonidandel wieder ganz erschrecklich, als unerwartet und sehr aufgeregt sein Freund, der j��ngere Hauptmann Adolar Pegan, ein kleiner, dicker Mann, eintrat, atemringend gr��?te und f��rchterlich in einem Gemisch von deutschen und serbischen Worten ��ber die verdammten Grenzer fluchte. Und st?hnend erstattete Pegan Kapport, da? in den Ackern nicht eine einzige Grundbirne vorgefunden werden konnte; daher der gr??te Teil der Kompagnie Stockpr��gel erhalten habe. Pfeifend und rasselnd holte Pegan, der einen Satthals hatte, Atem. Herr Attilius Tonidandel blieb ruhig auf dem zerrissenen Ledersessel sitzen, lachte vergn��gt und fragte, was denn die Teufelskerle mit dem gratis verabreichten "Kartoffelsamen" getan hatten.
Herr Pegan rief erbost. "Schnaps wollten sie brennen, die Sramjes (Schandkerle)! Das ist ihnen aber nicht gelungen!"
"Glaub' ich gern! Kann es den Kerls auch nicht ver��beln, da? sie von 'Krompir' nichts wissen wollen! Mir pers?nlich ist ein knusperig gebratenes Spanferkel allemal lieber als der sch?nste Erdapfel!"
Pfeifenden Atems schmetterte Pegan aus dem dicken Halse. "Aber Befehl ist Befehl! Regimentsbefehl dazu! Und der Oberst hat zuweilen den Teufel im Leib! Ganz totpr��geln kann ich die Kerle doch nicht lassen! Was aber machen, Herr Bruder?"
"Ruhig abwarten, Herr Hauptmann und Bruder! Abwarten, bis es dem Chef beliebt, Antwort auf meine Frage vom Mai zu geben! Der Oberst hat sich seither Zeit gelassen, also tun wir desgleichen! Nur nichts ��berhudeln, Herr Bruder! Und nicht aufregen, lieber Pobratim (Wahlbruder)! Dar��ber, wie unsere Grenzer zu Liebhabern der Erd?pfel gemacht werden k?nnen, soll sich nur das Regimentskommando oder Exzellenz, der alles wissende und nie sichtbare General in Agram, den Kopf zerbrechen! Wir tun es nicht in dem ?den Nest au?erhalb der Welt!"
Ein Posthornsignal wurde h?rbar. Die milit?rische Poststaffette aus Karlstadt war in S. angekommen, die t?glich einmal die Befehle des Regimentskommandos ��berbrachte.
Und Tonidandel schickte den Kompagnieschreiber Jovo hinab, den Postbeutel in Empfang zu nehmen. Dann wandte sich Attilius gelassen zum Freunde Pegan und bewirtete ihn mit einem Gl?schen guten Pflaumenschnapses (Slibowitz).
Pegan dankte und leerte das Glas auf einen Schluck. Und mit seiner fetten Stimme beteuerte er. "Pobratim! Bleibt ewig wahr in Kroatien: 'Der beste Witz ist der--Slibowitz.' Auf Dein Wohl, Herr Hauptmann!"
"Wei? schon, wie es gemeint ist: repetatur! Ist das einzige lateinische Wort, das in meinem Ged?chtnisse haften geblieben ist! Zivio pobratim! (Hoch Bruder!)" Und Attilius schenkte das Glas abermals voll, mit so ruhiger Hand, da? kein Tropfen daneben flo?.
"Danke, Herr Hauptmann! Ich staune ��ber deine ruhige Hand. Noch mehr bewundere ich aber deine Gelassenheit. Wo doch die--Wische von der Regimentskanzlei soeben angekommen sind! Sicherlich f��r uns im 'Exil' wieder unangenehme Befehle, l?stige Auftr?ge, Rackereien. Er aber, der solus altissimus sitzt bequem in Karlstadt!"
"Still, Bruder! Nicht aufregen ��ber Dinge, die wir nicht ?ndern k?nnen, und f��r die wir die Verantwortung nicht zu tragen haben.--Noch ein Stamperl (Gl?schen) gef?llig? Alle guten Dinge sind ihrer drei."
Obwohl der Kompagnieschreiber Jovo die Posttasche hereinbrachte und ��ber ihre "Leibigkeit" etwas disziplinwidrig maulte, lie? sich Tonidandel im Einschenken des dritten Gl?schens nicht beirren. Lediglich zu Jovo meinte er. "Maul halten, Schreiber, denn dich hat es nichts zu k��mmern, ob die Tasche dick oder mager ist!--Prosit! Du
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