Duft verflüchtigt, aber dafür qualmten im Speisezimmer die zu Stumpen herabgebrannten Unschlittkerzen, die der Offiziersdiener schleunigst erneuern mu?te.
Kurz fiel die Begrü?ung des Gastes aus. Tonidandel verwies auf die Notwendigkeit einer _sp?teren_ Verabreichung des "Bilikum" (Willkommtrunkes), so der Staresina gekommen sein werde. "Wei?t, lieber Bruder, für uns beide ist jetzt die Hauptsache, da? wir uns mit Gansbraten satt essen, und zwar vor der Ankunft des Bürgermeisters und vor dem dienstlichen Erd?pfeldiner!"
"Capsico!" rief Hauptmann Pegan mit seiner fetten Stimme. Die knusperig gebratene und von der K?chin gut zerteilte Gans wurde aufgetragen. Der Diener füllte dann die gro?en, unf?rmlichen Gl?ser mit fast schwefelgelbem, doch vorzüglichem kroatischem Weine und verschwand auf einen Wink Tonidandels. So schnell verzehrten die Offiziere die "?rarische" Gans, als stünde in der n?chsten Viertelstunde Alarm und Abmarsch des Bataillons bevor. Tonidandel war überhaupt ein Schnellesser und rasch ges?ttigt; Pegan hingegen gehorchte lediglich dem Dr?ngen des Kameraden, kaute kaum und verschlang die Brocken. Der Diener wurde gerufen und mu?te rasch abtragen, hernach lüften und die Kerzen mit der Scheere putzen.
"Hinaus!" befahl der Gebieter, der nun die vorhanglosen Fenster schlo?.
"Ich mu? sagen, lieber Bruder, da? mir dieses Essen im Eilmarschtempo wahrscheinlich nicht gut bekommen wird!"
"Wei? schon, worauf du anspielst! Mu?t aber auf den--Slibowitz warten! Nimm einen kr?ftigen Schluck vom Weine! Und behalte im Ged?chtnis. Kein Ton darf verraten werden, da? wir soeben auf Regimentsunkosten eine Gans verzehrt haben!"
"Sehr wohl, Herr Chef! Die Sache wird immer mysteri?ser!"
"Im Laufe des Abends wird dir alles klar werden!"
Auf die Minute genau erschien der Staresina im Hause. Ein hochgewachsener Likaner, breitschulterig, hell?ugig, gutmütig. Wenn die blonden Haare nicht überlang gewesen w?ren, h?tte man diesen Südslaven für einen Deutschen halten k?nnen. Unbegrenzten Respekt vor der Milit?rmacht verriet sein unterwürfiges, demütiges Verhalten. Der Vorsteher, seines Zeichens ein Schmiedmeister, fa?te die ihm gewordene Einladung nicht als besondere Ehre und Auszeichnung auf; er schien zu glauben, da? er befohlen war, zu ungew?hnlicher Stunde einen au?erordentlichen und unangenehmen Befehl des Stadtkommandanten entgegenzunehmen. ?ngstlich begrü?te er die Offiziere; unterwürfig fragte er in schlecht verst?ndlichem Deutsch nach den Befehlen und Wünschen des Herrn Kommandanten.
Tonidandel beruhigte den Vorsteher sogleich mit dem Hinweise, da? es sich tats?chlich um eine Einladung, nicht um eine milit?rdienstliche Angelegenheit handle. "Ich feiere n?mlich heute meinen Namenstag und will an meinem freilich mager bestellten Tische liebe G?ste haben! Meinen Freund und Kameraden Herrn Hauptmann Pegan und den Staresina!"
Der Vorsteher richtete sich überrascht auf und warf einen forschenden Blick auf den Gebieter. "Zu viel der hohen Ehre! Ich nicht wissen, gn?diger Herr, wie ich kommen dazu!" Mit überschwenglicher H?flichkeit stammelte der Schmiedmeister seine Glückwünsche zum Namensfeste, wobei er beteuerte, bis zur Stunde nicht gewu?t zu haben, da? der Herr Kommandant den Taufnamen "Raphael" führe.
Hauptmann Pegan platzte heraus. "Hab' ich auch nicht gewu?t!"
"Das ist nebens?chlich! Nun wollen wir dem Staresina das 'Bilikum' reichen!" Tonidandel füllte einen Pokal mit Wein, hielt eine kleine Ansprache an den Gast, der sich so wohl fühlen m?ge im Hause wie im eigenen Heim, und reichte dann dem Pokal dem Vorsteher, der aufrecht stehend den Willkommspruch angeh?rt hatte, sich nun verbeugte, den Pokal entgegennahm, einen Segenspruch für den Hausherrn feierlich sprach und den Pokal auf einen Zug leerte.
Die Offiziere leerten ihre gefüllten Gl?ser gleichfalls bis zur Nagelprobe.
"Und nun zu Tisch!"
W?hrend die Herren sich setzten, trug der Diener eine Schüssel voll Kartoffeln herein.
Trotz der gro?en Befangenheit richtete der Likaner einen neugierigen und forschenden Blick auf den Inhalt der Schüssel. Und dabei rutschte ihm die Frage heraus: "Sto je to?" (Was ist das?) Tonidandel füllte den Teller des Vorstehers mit Kartoffeln und sprach schmunzelnd. "Erst essen! Die Erkl?rung wird alsbald folgen! Greif zu, Herr Hauptmann!"
Die Offiziere nahmen aus der Schüssel, doch nur je eine Kartoffel und a?en mit gut geheuchelten Appetit.
Z?gernd griff der Staresina zu, beguckte das ihm fremde Gericht, stocherte daran und schnupperte vorsichtig. Da er sah' da? die Offiziere das seltsame Zeug wirklich verzehrten, gewann der Vorgesteher doch so viel Vertrauen, ein Stück davon in den breiten Mund zu schieben.
"Was wir da essen, sind Erd?pfel, Krompir, lieber Staresina! Erd?pfel, was wachsen in unserem Küchengarten! Wirklich Erd?pfel, die aber die Granicari[2] nicht essen wollen!"
Der Vorsteher hatte rasend schnell eine zweite Kartoffel gegessen und rief geradezu frohlockend. "To je guska! Das ist Gans! Schmecken nach Gansbraten sehr gut! Prozim! (Ich bitte!) Darf ich noch mehr davon essen?"
Der Kommandant erwiderte lachend. "Nur zu! Alles dürfen Sie essen! Bis Ihnen die Ohren stauben! Der Staresina soll sich ja überzeugen, da? die Erd?pfel wirklich sehr gut schmecken!
Für die Lika mit ihrer h?ufigen Hungersnot wird es ein Segen sein, wenn der Anbau der ausgezeichneten Erd?pfel allgemein durchgeführt wird!"
Gierig verzehrte der Vorsteher die Kartoffeln. Schmatzend wie ein Fischotter beim Fischfra?. Dann aber hielt er inne und sprach. "Bitt ich sch?nstens, Herr Kapetan! Seltsam find' ich, da? schmecken dieser Erdapfel so stark nach Gans! Wahrhaftig wie gebratene Gans! Schmecken jeder Erdapfel so?!"
Dem Hauptmann Pegan ging ein Licht
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.