Aquis Submersus | Page 9

Theodor W. Storm
Walde drau?en der junge Lenz durchs Fenster leuchtete, doch gleichsam von der Stille des Todes wie erf��llet.
Ich hatte auf Katharinen in diesem Augenblicke fast vergessen. Da ich mich umwandte, stand sie schier reglos mitten in dem Zimmer, und ich sah, wie unter den kleinen H?nden, die sie daraufgepre?t hielt, ihre Brust in ungest��mer Arbeit ging. "Nicht wahr", sagte sie leise, "hier ist itzt niemand mehr; niemand als mein Bruder und seine grimmen Hunde?"
"Katharina!" rief ich; "was ist Euch? Was ist das hier in Eueres Vaters Haus?"
"Was es ist, Johannes?" Und fast wild ergriff sie meine beiden H?nde, und ihre jungen Augen spr��hten wie in Zorn und Schmerz. "Nein, nein; la? erst den Vater in seiner Gruft zur Ruhe kommen! Aber dann--du sollst mein Bild ja malen, du wirst eine Zeitlang hier verweilen--dann, Johannes, hilf mir; um des Todten willen, hilf mir!"
Auf solche Worte, von Mitleid und von Liebe ganz bezwungen, fiel ich vor der Sch?nen, S��?en nieder und schwur ihr mich und alle meine Kr?fte zu. Da l?sete sich ein sanfter Thr?nenquell aus ihren Augen, und wir sa?en neben einander und sprachen lange zu des Entschlafenen Ged?chtni?.
Als wir sodann wieder in das Unterhaus hinabgingen, fragte ich auch dem alten Fr?ulein nach.
"Oh", sagte Katharina, "Bas' Ursel! Wollt Ihr sie begr��?en? Ja, die ist auch noch da; sie hat hier unten ihr Gemach, denn die Treppen sind ihr schon l?ngsthin zu beschwerlich."
Wir traten also in ein St��bchen, das gegen den Garten lag, wo auf den Beeten vor den gr��nen Heckenw?nden soeben die Tulpen aus der Erde brachen. Bas' Ursel sa?, in der schwarzen Tracht und Krepphaube nur wie ein schwindend H?ufchen anzuschauen, in einem hohen Sessel und hatte ein Nonnenspielchen vor sich, das, wie sie nachmals mir erz?hlte, der Herr Baron--nach seines Vaters Ableben war er solches itzund wirklich--ihr aus L��beck zur Verehrung mitgebracht.
"So", sagte sie, da Katharina mich genannt hatte, inde? sie behutsam die helfenbeinern Pfl?cklein um einander steckte, "ist Er wieder da, Johannes? Nein, es geht nicht aus! O, c'est un jeu tr��s-compliqu��!"
Dann warf sie die Pfl?cklein ��ber einander und schauete mich an. "Ei", meinte sie, "Er ist gar stattlich angethan; aber wei? Er denn nicht, da? Er in ein Trauerhaus getreten ist?"
"Ich wei? es, Fr?ulein", entgegnete ich; "aber da ich in das Thor trat, wu?te ich es nicht."
"Nun", sagte sie und nickte gar beg��tigend; "so eigentlich geh?ret Er ja auch nicht zur Dienerschaft."
��ber Katharinens blasses Antlitz flog ein L?cheln, wodurch ich mich jeder Antwort wohl enthoben halten mochte. Vielmehr r��hmte ich der alten Dame die Anmuth ihres Wohngemaches; denn auch der Epheu von dem Th��rmchen, das drau?en an der Mauer aufstieg, hatte sich nach dem Fenster hingesponnen und wiegete seine gr��nen Ranken vor den Scheiben.
Aber Bas' Ursel meinete, ja, wenn nur nicht die Nachtigallen w?ren, die itzt schon wieder anh��ben mit ihrer Nachtunruhe; sie k?nne ohnedem den Schlaf nicht finden; und dann auch sei es schier zu abgelegen; das Gesinde sei von hier aus nicht im Aug zu halten; im Garten drau?en aber passire eben nichts, als etwan, wann der G?rtnerbursche an den Hecken oder Buchsrabatten putze.
--Und damit hatte der Besuch seine Endschaft; denn Katharina mahnte, es sei nachgerade an der Zeit, meinen wegem��den Leib zu st?rken.
Ich war nun in meinem K?mmerchen ober dem Hofthor einlogiret, dem alten Dieterich zur sondern Freude; denn am Feierabend sa?en wir auf seiner Tragkist, und lie? ich mir, gleich wie in der Knabenzeit, von ihm erz?hlen. Er rauchte dann wohl eine Pfeife Tabak, welche Sitte durch das Kriegsvolk auch hier in Gang gekommen war, und holete allerlei Geschichten aus den Drangsalen, so sie durch die fremden Truppen auf dem Hof und unten in dem Dorf hatten erleiden m��ssen; einmal aber, da ich seine Rede auf das gute Fr?len Katharina gebracht und er erst nicht hatt ein Ende finden k?nnen, brach er gleichwohl pl?tzlich ab und schauete mich an.
"Wisset Ihr, Herr Johannes", sagte er, "'s ist grausam schad, da? Ihr nicht auch ein Wappen habet gleich dem von der Risch da dr��ben!"
Und da solche Rede mir das Blut ins Gesicht jagete, klopfte er mit seiner harten Hand mir auf die Schulter, meinend: "Nun, nun, Herr Johannes; 's war ein dummes Wort von mir; wir m��ssen freilich bleiben, wo uns der Herrgott hingesetzet."
Wei? nicht, ob ich derzeit mit solchem einverstanden gewesen, fragete aber nur, was der von der Risch denn itzund f��r ein Mann geworden.
Der Alte sah mich gar pfiffig an und paffte aus seinem kurzen Pfeiflein, als ob das theure Kraut am Feldrain w��chse. "Wollet Ihr's wissen, Herr Johannes?" begann er dann. "Er geh?ret zu denen muntern Junkern, die im Kieler Umschlag den B��rgersleuten die Kn?pfe von den H?usern schie?en; Ihr m?get glauben, er hat treffliche Pistolen! Auf der Geigen wei? er nicht so gut zu spielen; da er aber ein lustig St��cklein liebt, so hat er letzthin den Rathsmusikanten, der ��berm Holstenthore wohnt,
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