M?chtige, ist denn der Mord der Millionen schw?rzer als der Mord eines Einen? Sind denn geschlachtete St?dte und Landstriche der Gro?k?nige und Pharaonen, Khane und C?saren mildere Opfer gewesen als die der Handgranaten und Gase? Freilich nicht; menschliches Elend w?chst nicht über sich selbst hinaus durch angeh?ngte Nullen, die Million ist an sich nichts anderes als die Myriade. Dennoch ist diese wissenschaftlich geregelte Feuerflut das vorbildlose Grauen der Jahrtausende, und es ist begreiflicher, da? manche, die es erleben, an allem verzweifeln, als viele, die es erleben, an nichts verzweifeln.
Alles frühere Elend war ein Gei?elschlag, der auf den Rücken der gesunden Erde sauste. Getroffen wurden von der Furie zwei Heere und was ihnen in den Weg kam, das andere blieb gesund. Der Drei?igj?hrige Krieg war das Vorbild der fressenden Kriegsseuche, doch sie blieb im Raume beschr?nkt. Den wahren Vergleich dessen, was wir erleben, nein zu erleben beginnen, bietet der fünfhundertj?hrige Brand, in dem ein Weltzeitalter sich l?ste. In der Schmelzglut versank die südliche Antike und die m?nch-ritterliche Strenge des Nordens stieg empor. Doch auch diese Krisis war innerlich milder, denn sie betraf unbewu?te Geschlechter in der Gestalt eines objektiven Schicksals.
Was wir erleiden ist die furchtbare Konsequenz der Sinnlosigkeit, die selbstgeschaffene H?lle. Nicht Eine verantwortungsvoll lebendige Seele will das Leiden, und jede ist verflucht, wissentlich und willentlich, in Duldung und Ha?, in Widerstreben und Furcht das Leid des anderen und das Leid der Welt zu mehren. Jeder, der lebt, und wenn er nur sein t?gliches Brot verzehrt, ist mitschuldig, sch?digt und t?tet, keiner kann sich dem Gei?eltanz entziehen, je hei?er er blutet, desto wilder mu? er schlagen. Keiner wei? den Sinn, keiner den Grund, keiner den Zweck, es bleibt ihm als Trost nur der selbstentfachte Ha? und die zitternde Emp?rung über die Schlechtigkeit des anderen. Niemand sieht den Ausweg, denn wem es schlecht geht, der kann nicht beenden, und wem es gut geht, der wird gezwungen, seine Forderung zu steigern. Ein jeder aber, dessen Herz nicht stumpf ist, fühlt, da? die Schlechtigkeit des anderen es nicht allein sein kann, da? hinter allen Schlechtigkeiten ein b?ses Schicksal steht, und da? dieses Schicksal die Ungerechtigkeit aller ist. Und deshalb wiederum fühlt man die Unabwendbarkeit der selbstgeschaffenen Not, fühlt man, da? sie nicht zu Ende gehen kann wie die Entscheidung eines Zweikampfes, die Recht und Unrecht durch Bu?e und Erstattung l?st. Noch immer zwar, weit tiefer als man wei? und zugibt, ist die Welt durchs?ttigt von der Vorstellung des Gottesurteils, von der Verwerfung des Besiegten, von der Rechtfertigung des Siegers, da? der Sieg an sich nach Gottes Wohlgefallen neues Recht und neue Sittlichkeit schafft, da? der Unterworfene von der Gottheit selbst dem Unterwerfer unter die Fü?e gelegt wird zur Schonung oder Vernichtung nach freiem Ermessen, wie der Ausdruck lautet: auf Gnade und Ungnade. Daher bei jedem Mi?erfolg ein tieferes Gefühl als Entt?uschung und Kummer, n?mlich die sittliche Angst vor der Verwerfung, bei jedem Erfolg ein h?heres als Freude, n?mlich die Sicherheit, auf der Seite des k?mpfenden Gottes zu stehen; daher die wachsende Hemmung gegen Verst?ndigung: Denn wie sollte der jeweils vom Gott Beschirmte, der Tr?ger des Schicksals, mit dem Gezeichneten, dem vor aller Welt Widerlegten und Entrechteten paktieren? Und die urzeitliche Vorstellung wird bekr?ftigt durch den ?ffentlichen Wettbewerb der Beteiligten um die Gunst des Schlachtengottes, von dem man annimmt, da? sein Entschlu? durch Gebet, Danksagung, Ehrenbezeigung und Bu?e wo nicht ge?ndert, so doch gest?rkt werden k?nne.
Der neuzeitliche Mensch, dem es nicht mehr gegeben ist, das Entsetzen auf den Kometen und den Zorn der D?monen abzuw?lzen, der in seinem Inneren alle Schuld und Verantwortung für das widerwillig selbstgeschaffene Leid sucht und findet, kann von Verzweiflung so überw?ltigt werden, da? er aus seiner Not ins Chaos flüchtet. Es kann ihm geschehen, da? er getrieben wird, alle Werte anzutasten, da? er die Frage wagt, ob jene Güter, die Christus nicht als Güter kannte, Vaterland, Nation, Wohlstand, Macht, Kultur wahrhaft so hoch erhaben, so tief gegründet sind, da? in ihrem Namen die Welt friedlich und kriegerisch sich in die ewige Sünde der Feindschaft, des Hasses und Neides, der Ungerechtigkeit und Unterdrückung, der staatsm?nnischen R?nke, der Gewalt und des Mordes verstricken dürfe. Der Zweifel kann sich versteifen, wenn berufene Ausleger des Wortes, zwischen Schrift und Wirklichkeit gestellt, die Gebote der Liebe au?er Kraft setzen oder durch gewagte Deutung den k?mpfenden M?chten unterwerfen. Ist denn nicht den Armen und Ohnm?chtigen das Himmelreich verhei?en? Ist nicht die Verkündung allen V?lkern gepredigt? Ist es nicht g?ttlich, Unrecht erleiden? Ist es das Wissen, das selig macht? Ist nicht ein Vater im Himmel und ein Land die Erde?
Warum sollen nicht die V?lker in der Menschheit l?sen, die Staaten im guten Willen, die M?chte in g?ttlicher Fügung, das Handeln im Dulden?
Der Mensch ist ein Gesch?pf des Gleichgewichts, und niemandem steht es mehr an als dem Deutschen, der über Zeiten und R?ume blickt, die h?here Menschheitsstufe zu

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